
Wer ist Banksy? Auf den Spuren eines Kunst-Phantoms
Banksy gehört zu den größten Attraktionen, die die zeitgenössische Kunst derzeit zu bieten hat. Der britische Street-Art-Künstler begeistert weltweit das Publikum mit seiner Graffiti-Kunst. In zahlreichen Ländern hat er bereits seine künstlerischen Spuren hinterlassen. Aber wer ist Banksy wirklich?
Sein Markenzeichen und zugleich ein wesentlicher Faktor seines Erfolgs ist seine Anonymität. Seit über 20 Jahren rätselt die Kunstwelt, wer sich hinter dem Pseudonym verstecken könnte. Ohnehin ist Banksy am ehesten als ein Ein-Mann-Kunstprojekt zu verstehen.
Sein Konzept besteht aus einer Mischung aus Street-Art mit einer simplen und zugleich eindringlichen Bildsprache, Guerilla-Taktiken, politischen Botschaften und einer Verweigerungshaltung gegenüber dem Kunstmarkt. Damit fasziniert und polarisiert er gleichermaßen das Publikum. Unbestritten aber ist, dass er mit seinen Werken die Malerei des 21. Jahrhunderts maßgeblich beeinflusst und viele Nachahmende gefunden hat.
Banksys Karriere startete um das Jahr 2000
Angesichts der konsequent geheim gehaltenen Identität Banksys gibt es auch keine gesicherten Informationen über seine Biografie oder seinen künstlerischen Werdegang. Es heißt, er sei entweder 1973 oder 1974 in Bristol geboren worden und dort aufgewachsen. Hier soll er auch die Kunst des Graffiti erlernt und seine Karriere als Street-Art-Künstler begonnen haben. Viel mehr ist über ihn nicht bekannt.
Die Frage "Wer ist Banksy" lässt sich also eigentlich nur über seine künstlerischen Aktivitäten beantworten. Erstmals öffentlich in Erscheinung trat das Kunst-Phantom Banksy ab etwa der Jahrtausendwende. Bereits 1999 soll er seine Werke in selbst organisierten Ausstellungen gezeigt haben. Ab Anfang der 2000-Jahre begann er, sich mit seinen Graffiti- und Schablonenarbeiten ("Stencils") einen Namen zu machen.
In vielen Ländern der Welt tauchten nach und nach seine ikonischen Werke an öffentlichen Gebäuden auf. Parallel nahm er hin und wieder auch an Ausstellungen zur Urban Art teil. Mitunter schmuggelte er seine Gemälde und Grafiken auch unautorisiert in Ausstellungen anderer Künstlerinnen und Künstler. Auf diese Weise gelangten seine Werke u.a. in das MoMA, New York, die Tate Modern, London und den Louvre in Paris. Heute hätte er solch halblegale Methoden wohl nicht mehr nötig.
Banksy gehört zu den größten Stars der zeitgenössischen Kunst. Geschichten rund um Banksys Identität, seine Werke und seine Kunstaktionen sind immer für Schlagzeilen gut. Auf Auktionen gehen die Erlöse für seine Kunstobjekte mittlerweile bis in den zweistelligen Millionenbereich. |
Seine Projekte reichen von Graffiti bis zu großen Kunstaktionen
Banksy hatte den Grundstein für seine Karriere mit der Street-Art gelegt. Seit vielen Jahren hinterlässt er mit Spraydosen und selbst angefertigten Schablonen seine Graffiti an Hauswänden, Mauern, Türen oder Garagen. Dabei bezieht er häufig die unmittelbare Umgebung und die räumlichen Gegebenheiten in das Werk ein.
Über die Jahre hat er die Palette seiner künstlerischen Ausdrucksformen aber deutlich erweitert. Zu seinem Portfolio gehören nun ebenfalls Arbeiten auf Leinwand sowie Druckgrafiken und Installationen.
Banksys Bildsprache ist meist schnörkellos und sehr direkt. Er kommt bei der Mehrzahl seiner Werke mit nur sehr wenigen Bildelementen aus, wie etwa bei
- "Girl with Balloon",
- "Flower Thrower" oder auch
- "Stop and Search".
Häufig greift er für seine Arbeiten auf bekannte Motive und Bilder zurück, die er dann mal mehr, mal weniger modifiziert.
Neben den Graffiti, Gemälden und Grafiken machte er in den letzten Jahren zudem immer wieder mit politischen und gesellschaftskritischen Kunstprojekten auf sich aufmerksam. Dazu gehörten u.a. im Jahr 2015 "Dismaland", eine Parodie auf Vergnügungsparks, und das "Walled Off Hotel" in Bethlehem, das sich kritisch mit dem britischen Einfluss im Palästina-Konflikt auseinandersetzt. Auch als Regisseur betätigte er sich, wie bei dem heute schon legendären und oscarnominierten Film "Exit through the gift shop".
Banksys Werk: Urban Art mit Haltung
Banksy möchte durchaus unterhalten, doch parallel versteht er sich auch als Künstler, der eine Botschaft vermitteln möchte. In vielen seiner Arbeiten flechtet er mal mehr, mal weniger offensichtlich Statements und Botschaften zum aktuellen Zeitgeschehen in Politik und Gesellschaft ein.
Auch über seine Werke hinaus ist er politisch aktiv und engagiert sich bei sozialen Projekten. So unterstützt er Greenpeace und finanzierte der NGO "Sea-Watch" ein Schiff zur Seenotrettung von Geflüchteten auf dem Mittelmeer. Für ein palästinensisches Krankenhaus ließ er ein Triptychon versteigern und spendete den Erlös von rund 2,5 Millionen Euro.
Wie ein roter Faden zieht sich außerdem die Kritik an den Mechanismen des Kunstmarktes durch Banksys künstlerisches Konzept. Auch hier spielt seine Anonymität eine entscheidende Rolle. Damit verhindert er einen in der Kunstwelt weitverbreiteten Personenkult und Hang zur Selbstinszenierung.
Auch in vielen weiteren Bereichen des Kunstbetriebs geht Banksy andere Wege. So arbeitet er für die Vermarktung seiner Werke nicht mit etablierten Galerien zusammen. Stattdessen rief er das "Pest Control Office" ins Leben – eine Agentur, die den "Papierkram" für ihn erledigt. Hier – und nur hier – kann man sich die Echtheit seiner Werke bestätigen lassen, Kontakt zum Künstler aufnehmen und hin und wieder wohl auch einmal ein Kunstwerk erstehen.
Zum Copyright pflegt Banksy eine andere Einstellung als die Mehrzahl der Künstlerinnen und Künstler. "Copyright is for Losers", ließ er einmal verlautbaren. Ganz in diesem Sinne sprayt er im öffentlichen Raum und ermöglicht damit allen Menschen den Zugang zu seiner Kunst. |
Banksy lehnt auch Ausstellungen ab, bei denen das Publikum Eintritt bezahlen muss.
Wer ist Banksy? Drei verschiedene Theorien zur Identität Banksys
Als Banksys eigentliches Meisterwerk muss aber wohl die Tatsache betrachtet werden, dass er seine Identität über so viele Jahre geheim halten konnte. Hinweise auf die Privatperson Banksy gibt es nur sehr spärlich. Es existieren weder ein Name noch Fotos von ihm.
Die bislang stichhaltigsten Informationen stammen aus einem Interview aus dem Jahr 2003, in dem er seinen Vornamen "Robbie" verraten haben soll. In einem weiteren aufgezeichneten Gespräch aus dem Jahr 2005 sei Banksys Stimme zu hören. Auch soll er einige wenige Male bei seinen Spray- und Kunstaktionen gesichtet worden sein – aber jedes Mal vermummt oder verkleidet.
Verlässliche Informationen zur Banksy Identität gibt es also immer noch nicht. Entsprechend viele Spekulationen kursieren darüber, wer hinter Banksy steckt. In den letzten Jahren konnten sich dabei drei Vermutungen am hartnäckigsten halten.
Banksys echter Name soll Robin Gunningham lauten
Robin Gunningham lebt in Bristol und war bis 2008 in der Kunstwelt nicht nennenswert in Erscheinung getreten. In diesem Jahr aber hatte die britische Zeitung "The Mail on Sunday" das Gerücht in die Welt gesetzt, bei ihm handele es sich um Banksy.
Als Hinweis diente dem Boulevardblatt ein Foto, das Gunningham zeigen solle. Im Hintergrund seien Schablonen zu erkennen, die Banksys Stil entsprächen. Auch der Vorname "Robin" deute auf Banksys vermeintlich echten Namen hin, den er im Interview von 2003 genannt hatte.
Seitdem gehört Gunningham zu den am häufigsten genannten Kandidaten für den "echten" Banksy – allerdings ohne jeden sicheren Beweis. Gunningham selbst äußert sich zu den Vermutungen nicht.
Wer steckt hinter Banksy? Robert Del Naja wird als "wahre" Identität gehandelt
Im Jahr 2016 brachte ein Journalist einen weiteren Namen ins Spiel, der angeblich Banksys richtiger sei: Robert Del Naja. Del Naja gehört zu den Mitbegründern der weltweit erfolgreichen Trip-Hop-Band "Massive Attack". Er komme als Banksys wahre Identität infrage, da er ebenfalls aus Bristol stamme und seine Wurzeln in der Graffiti-Szene habe.
Als wichtigstes Indiz aber wird genannt, dass Werke von Banksy überraschend häufig an Orten auftauchten, an denen Massive Attack Konzerte gegeben hatten. Auch sein Vorname Robert passe ins Bild.
Del Naja hatte die Gerüchte aber kurz nach ihrem Auftreten dementiert. Mittlerweile häufen sich auch die Berichte, dass diese Spur wahrscheinlich falsch ist.
Die Gerüchteküche zu Banksys Identität brodelt weiter
Neben Robin Gunningham und Robert Del Naja werden noch einige weitere Namen gehandelt. So tauchten 2019 Spekulationen auf, dass es sich bei Jamie Hewlett um Banksy handele.
Hewlett ist ein britischer Comiczeichner und hatte 1998 gemeinsam mit Damon Albarn die Band "Gorillaz" gegründet. Hewlett habe Kontakte zum "Pest Control Office", Banksys einziger offizieller Vermarktungsagentur. Außerdem seien in einem Video von Gorillaz einige Stencils von Banksy zu sehen, auch ein Album-Cover habe er gestaltet.
Eine weitere Vermutung besagt, dass Banksy in Wahrheit Neil Buchanan sei. Buchanan moderierte ab den 1990er-Jahren die Kindersendung "Art Attack" auf Disney Channel, in der Kinder aus Alltagsgegenständen Kunstwerke bastelten. Buchanan war auch Musiker und soll in dieser Funktion ebenfalls häufig zeitgleich in Städten gewesen sein, in denen Werke von Banksy aufgetaucht seien.
Darüber hinaus macht die Mutmaßung die Runde, dass sich hinter Banksy gar keine Einzelperson, sondern ein Kollektiv aus bis zu sieben Künstlerinnen und Künstlern verbergen könnte. Letztlich basieren alle diese Theorien aber auf Indizien und konnten bis jetzt nicht bewiesen werden. Die Spekulationen rund um Banksys Identität werden als vermutlich noch eine Weile weitergehen.
Warum bleibt Banksy anonym?
Zweifelsohne ist Banksys Anonymität ein wichtiger Grundpfeiler seiner Popularität. Wie so oft in der Kunstwelt lässt sich auch im Fall Banksy der große Erfolg nur mit Psychologie erklären.
Die Vorstellung eines Phantoms, das nachts um die Häuser schleicht und illegal Wandbilder hinterlässt, übt eine große Faszination aus. Das Publikum liebt das Versteckspiel und das Rätselraten um seinen echten Namen. Beinahe jeder hat seine eigene Vermutung, wer hinter Banksy stecken könnte. Mit einem Werk von Banksy erwirbt man also immer auch ein Puzzleteil des Mythos.
Außerdem muss immer damit gerechnet werden, dass er seine Aktivitäten einstellt und wieder in der Versenkung verschwindet. Käme Banksys Identität also ans Licht, würde er viel riskieren. Er verlöre seine mysteriöse Aura und er wäre nur einer von vielen Künstlerinnen und Künstlern. Dies hätte höchstwahrscheinlich auch zufolge, dass das Interesse an seiner Person und damit auch seiner Kunst schwinden würde.
Nicht zuletzt schützt die Anonymität Banksy auch vor Strafverfolgung, denn formal begeht er jedes Mal, wenn er eine Häuserwand bemalt, eine Sachbeschädigung.
Dass Banksy inkognito arbeitet, hat aber auch eine Kehrseite, die ihn bereits dazu veranlasste, seine Arbeitsweise zu verändern. Nach unzähligen Fälschungsversuchen gründete er das "Pest Control Office", bei der Käuferinnen und Käufer die Echtheit seiner Werke prüfen lassen können.
Vor allem sorgen aber immer wieder Diebstähle seiner Arbeiten für Schlagzeilen. So wurde beispielsweise die Tür des Pariser Clubs "Bataclan" gestohlen. 2014 hatten Islamisten den Club angegriffen und Banksy hatte hier zur Erinnerung an die Opfer ein Bild hinterlassen.
Auch an anderen Orten wurden seine Werke zum Teil mit roher Gewalt aus Wänden gebrochen oder herausgesägt. Dies veranlasste Banksy dazu, sich vermehrt Untergründe für seine Wandbilder zu suchen, die nur schwer zu entfernen sind. Außerdem versuchen immer wieder findige Geschäftsleute, mit seinem Namen Geld zu verdienen. Mittlerweile finden weltweit Ausstellungen mit Reproduktionen von Banksys Bildern und Installationen statt – allesamt unautorisiert.
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Die Idee, unter einem Pseudonym zu arbeiten, ist in der Welt von Kunst und Kultur nicht neu. Auch Banksy hat sich dieses Prinzip zu eigen gemacht und legt alles daran, das Versteckspiel so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Die Frage "Wer ist Banksy?" wird die Kunstwelt also wohl noch eine Weile beschäftigen.
Von seiner Anonymität profitiert nämlich nicht nur Banksy selbst. Auch Kunstsammelnde und Anlegende, die viel Geld für seine Werke auf den Tisch gelegt haben, dürften ein Interesse daran haben, dass er weiter unerkannt bleibt. Denn solange Banksy nur als Phantom existiert, behält die Kunstwelt einen ihrer interessantesten – und nicht zuletzt finanziell sehr einträglichen – Akteure.