
Barock und Renaissance: Das sind die Unterschiede
Das Schloss von Versailles, da Vincis "Mona Lisa", prachtvolle Gartenanlagen wie in Schwerin und Hannover oder Botticellis "Die Geburt der Venus": Kunst und Architektur aus der Renaissance und dem Barock sind auch heute noch so präsent wie beliebt.
Beide Epochen decken zusammen einen Zeitraum von über vier Jahrhunderten ab. Die Renaissance ging etwa ab Anfang des 15. Jahrhunderts aus dem Mittelalter hervor. Anfang des 17. Jahrhunderts wurde sie vom Barock abgelöst. Der Klassizismus beendete die Phase von Renaissance und Barock etwa Ende des 18. Jahrhunderts.
Auf den ersten Blick haben diese Epochen viele Gemeinsamkeiten. In beiden stand die bildende Kunst unter dem unmittelbaren Eindruck der politischen, religiösen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Auch ihr Stil lässt einige Parallelen erkennen. Doch was ist der Unterschied zwischen Renaissance und Barock?
Renaissance und Barock unterscheiden sich vor allem in den jeweiligen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen: In die Zeit der Renaissance fielen die Reformation und der Humanismus. Unter diesem Einfluss entdeckte die Kunst der Renaissance den Menschen als selbständiges Sujet. Sie bezog sich dabei auf Vorbilder aus der griechischen und römischen Antike und legte Wert auf eine möglichst naturgetreue Darstellungsweise.
Fünf bedeutende Künstler der Renaissance waren
Barock hingegen war geprägt von der Gegenreformation und dem Dreißigjährigen Krieg. Der Stil des Barocks schloss grundsätzlich an die Ideen der Renaissance an, entwickelte sich aber weiter. In der Malerei lösten Dramatisierung und Pathos den Realismus ab. Außerdem wurden biblische und mythologische Themen als Motive wiederentdeckt. Der Gedanke der Sterblichkeit bildete die Grundlage eines eigenen Genres ("Vanitas"-Stillleben).
Zu den wichtigsten Künstlern des Barocks gehörten
- Jan Vermeer,
- Michelangelo Merisi da Caravaggio,
- Rembrandt van Rijn,
- Peter Paul Rubens und
- Jan Brueghel der Ältere.
Nachfolgend betrachten wir die Unterschiede von Barock Renaissance im Detail.
Renaissance vs. Barock: Zeiten der gesellschaftlichen Transformation
Sowohl bei der Entwicklung der Renaissance als auch des Barock spielte der gesellschaftliche und politische Kontext eine bedeutende Rolle. Beide Stile reagierten auf ihre Weise auf die jeweiligen Situationen, in denen sie entstanden.
Renaissance: ein neues Weltbild im Zeichen des Humanismus
In der Phase der Renaissance hatte Europa grundlegende Veränderungen in Kultur, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik erlebt. Zu den wichtigsten Entwicklungen zählte die Reformation und die daraus resultierende Aufspaltung der Kirche. Aber auch der Buchdruck sowie die Fortschritte in den Naturwissenschaften sorgten für ein neues geistiges Klima in Europa.
Insgesamt verringerte sich während der Renaissance der Einfluss des Adels und der Kirche, die über Jahrhunderte Politik und Gesellschaft dominiert hatten. Parallel stärkte das wohlhabende Bürgertum seine Position innerhalb der Gesellschaft. Es profitierte vom stetig wachsenden Handel sowohl innerhalb der Länder als auch zwischen den Staaten.
Diese Entwicklung hatte auch Auswirkungen auf die Finanzierung von Kunst und Kultur. Im vorausgehenden Mittelalter waren im Wesentlichen Adel und Klerus als Förderer und Auftraggeber für die bildende Künste in Erscheinung getreten. Diese Rolle übernahmen jetzt mehr und mehr auch bürgerliche Mäzene.
Bestes Beispiel für den Aufstieg des Bürgertums ist die Familie der Medici in Italien. Aus dieser gingen viele Kaufleute und Bankiers, später auch Päpste und Könige hervor. Zahlreiche Bauwerke und Kunstgegenstände gehen auf das Engagement dieser Dynastie zurück. |
Nicht nur die politischen und wirtschaftlichen Bedingungen wirkten sich auf die Kunst der Renaissance aus
Auch die herrschenden Philosophien, Ideale, Weltanschauungen und Lebenseinstellungen spiegelten sich in den Werken dieser Epoche wider. So standen auch die Renaissance-Skulpturen und -Gemälde ganz im Zeichen des Humanismus.
Die humanistische Philosophie bildete den Kern allen Denkens und Handelns in dieser Epoche. Seit seinen Anfängen im 14. Jahrhundert artikulierte sich im Humanismus der Wunsch nach Veränderung und Aufbruch in eine neue Zeit. Seine Theorie stellte einen radikalen Wandel zum Denken des Mittelalters dar. Hier hatte noch die christliche Lehre dominiert, in der die Menschen dem Göttlichen eindeutig untergeordnet waren.
Der Humanismus begriff den Menschen als selbstständig handelndes Wesen und richtete alles auf seine Bedürfnisse aus. Im Mittelpunkt standen nun die Würde, die Interessen und die Werte jedes Einzelnen. Besonders hob der Humanismus die Befähigung des Individuums hervor, schöpferisch tätig zu sein und Fortschritte in Kunst, Kultur und Wissenschaft hervorzubringen. |
Mit der Würdigung des kreativen menschlichen Handelns erlangten auch die Naturwissenschaften einen neuen Status. Forschende, Gelehrte sowie Ingenieurinnen und Ingenieure emanzipierten sich nach und nach von den Lehren der Kirche. Zahlreiche bahnbrechende Erfindungen und Theorien wurden in dieser Epoche entwickelt und veröffentlicht.
Auch wenn die Menschen sich verstärkt auf das irdische Dasein und dessen Herausforderungen konzentrierten, verschwanden Spiritualität und Religion nicht gänzlich aus dem Alltag der Renaissance.
Das Barock: eine Epoche unter dem Eindruck des Dreißigjährigen Krieges
Unmittelbar auf die Renaissance folgte das Barock. Im Vergleich zur Renaissance stand das Barock ganz unter dem Eindruck des Dreißigjährigen Kriegs. Wie so oft stellte sich die Situation für Volk und Adel sehr unterschiedlich dar. Entsprechend herrschte in beiden Lagern eine sehr unterschiedliche Stimmung.
Im Dreißigjährigen Krieg bekämpften sich ab 1618 erbittert Katholiken und Protestanten. Aber auch territoriale Ansprüche wurden hier ausgefochten. Fast ganz Europa wurde dabei in Mitleidenschaft gezogen. Ein Ende der Kriegshandlungen brachte erst der Westfälische Frieden im Jahr 1648. |
Für einen Großteil der Bevölkerung in Europa bedeutete der Krieg vor allem eine Zeit voller Leid und Entbehrungen. Krankheiten, Tod, Hunger und Zerstörung gehörten zu den alltäglichen Erfahrungen vieler Menschen. Die adligen Herrschenden und Wohlhabenden hingegen leiteten aus der Lage für sich eine "Jetzt-erst-recht"-Einstellung ab. Sie lebten in verschwenderischem Luxus und feierten sich und ihre Macht mit ausufernden Festivitäten und prunkvollen Bauten.
Die Gegenreformation seinerseits ließ den Einfluss der Kirchen wieder größer werden. Die Orientierung am Diesseits, wie sie in der Renaissance vom Humanismus gelehrt wurde, verlor zugunsten des christlichen Glaubens wieder etwas an Bedeutung.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg konnten viele Monarchinnen und Monarchen ihren Status halten. In verschiedenen Staaten Europas etablierte sich der Absolutismus als Herrschaftsform. Kaiserinnen und Kaiser sowie Königinnen und Könige reklamierten die uneingeschränkte Macht über Volk und Staat für sich. Ihren absoluten Herrschaftsanspruch demonstrierten sie mit prunkvollen Bauten und einem luxuriösen und ausschweifenden Lebensstil.
Neben dem Adel erstarkte auch die katholische Kirche. In der Gegenreformation konnte sie ihre Macht und ihren Einfluss ausbauen. Zahlreiche Kunstwerke mit religiösen Motiven gab die katholische Kirche in dieser Phase in Auftrag. Die Skulpturen und Gemälde dienten dazu, ihre Position unter den Gläubigen zu stärken.
Parallel wurde aber auch verschiedentlich am traditionellen Weltbild gerüttelt. Dies betraf zum einen die traditionelle Ständegesellschaft. Das herrschende System mit Adel und Klerus auf der einen und Bürgertum und Bauern auf der anderen Seite wurde infrage gestellt. Zum anderen wurden unter den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Stimmen lauter, die nicht die Erde im Mittelpunkt des Universums sahen, sondern die Sonne.
Barock und Renaissance im Vergleich: Motive
Das neue Weltbild und die Veränderungen in der Gesellschaft spiegelten sich auch in den Motiven beider Epochen wider.
Die Motive der Renaissance-Kunst
So wie in der Philosophie und der Geisteshaltung der Renaissance der Mensch in den Mittelpunkt rückte, machten ihn auch die Kunstschaffenden zum zentralen Bildthema. Sowohl in der Malerei als auch der Bildhauerei konnte er von nun an – ebenso wie religiöse Figuren – als selbstständiges Motiv gezeigt werden.
Dabei konzentrierten sich die Künstlerinnen und Künstler darauf, die menschliche Anatomie so naturgetreu wie möglich wiederzugeben. Dies zeigte sich besonders in den immer populärer werdenden Porträts. Außerdem begannen die ersten Kunstschaffenden damit, Selbstporträts anzufertigen. Auch wenn der Mensch sich jetzt zu einem immer wichtigeren Motiv entwickelte, blieben die religiösen und mythologischen Bildthemen weiterhin relevante Sujets. Sowohl bildliche Darstellungen von Inhalten aus der Bibel als auch Szenen und Figuren aus der antiken Mythologie wurden in Gemälden und Skulpturen umgesetzt.
Neben dem Menschen und den Gottheiten gewann in der Renaissance-Malerei auch die Natur an Bedeutung. Landschaften und Tiere hatten bis Anfang des 15. Jahrhunderts in Gemälden und Skulpturen fast gar keine Rolle gespielt. Doch in der Renaissance begannen die Künstlerinnen und Künstler, Flora, Fauna und Architektur immer mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Von einem eigenständigen Genre der Landschaftsmalerei war man aber immer noch weit entfernt. Die Landschaften dienten immer noch im Wesentlichen als Hintergründe und Kulissen. Doch die Kunstschaffenden legten von nun an mehr Wert auf eine detaillierte und naturgetreue Ausarbeitung der Szenen, in denen die Menschen agierten.
Religion, Vanitas, Natur – die Motive der Barock-Kunst
Auch in der Kunst des Barock konnte sich der Mensch als Thema behaupten. So entstanden zahlreiche Porträts von Monarchen und vom Adel. Aber auch Motive mit mehreren Beteiligten wie Feste oder andere gesellschaftliche Anlässe wurden in Gemälden gezeigt.
Parallel sorgte die Gegenreformation dafür, dass die Religion im Alltag der Menschen wieder an Bedeutung gewann. Dies spiegelte sich auch in der Kunst des Barock wider. Der Klerus gab wieder verstärkt Gemälde und Skulpturen mit religiösen und biblischen Szenen in Auftrag. Häufig standen hier Jesus, die Jungfrau Maria oder Engel sowie Darstellungen von Himmel und Hölle im Mittelpunkt. Barocke Skulpturen zeigten aber auch weiterhin Figuren aus der Mythologie wie Venus oder Amor.
In der Barock-Malerei konnte sich die Verbildlichung des Vanitas-Gedankens als neues Motiv etablieren. Vor allem in Stillleben wurde an die Endlichkeit des irdischen Lebens erinnert. Verschiedene, immer wiederkehrende Objekte dienten dafür als Symbole, zum Beispiel Totenköpfe, Sanduhren, Kerzen, Fliegen oder welkende Blumen. Mit den Vanitas-Motiven sollten die Betrachtenden zur inneren Einkehr und zu einem moralischen Leben bewegt werden.
Auch die Natur entwickelte sich als Bildthema in der Kunst des Barock weiter. Vor allem im Spätbarock und der anschließenden Rokoko-Malerei machten die Landschaften bedeutende Schritte hin zu einem eigenständigen Genre. Wälder, das Meer oder Berglandschaften, aber auch Gärten, Tiere und Pflanzen konnten von nun an auch ohne Menschen gezeigt werden.
Neue Bildsprache und Techniken in Renaissance und Barock
Nicht nur bei den Bildthemen, sondern auch bei der Bildgestaltung und den Maltechniken gab es in Renaissance und Barock einige Unterschiede. Diese hingen unmittelbar mit den Motiven sowie der Auffassung von der Kunst zusammen.
Renaissance: Die Wiederbelebung der Proportionen in der Maltechnik
Vor allem die Rückbesinnung auf die Vorbilder aus der Antike beeinflusste die Art der Darstellung in der Renaissance-Malerei. Da der Mensch jetzt als Individuum wahrgenommen wurde, legten die Kunstschaffenden auch verstärkt Wert auf seine anatomisch korrekte, naturgetreue und detaillierte Abbildung. Mit individuellen Gesichtszügen und natürlichen Proportionen wollten sie ihren Modellen möglichst nah kommen.
Die gleiche Präzision legten sie aber auch bei Figuren an den Tag, die sie nicht unmittelbar vor sich haben konnten, wie biblische oder mythologische Charaktere. Auch bei allen anderen Genres wie Landschaften und Architektur setzte sich die realistische Malweise durch.
Parallel machten die Renaissance-Malerinnen und -Maler aber auch Fortschritte bei der Bildgestaltung. Zu den bedeutendsten Entdeckungen dieser Zeit gehörte die Zentralperspektive. Mit dieser konnten die Maler den Eindruck räumlicher Tiefe und Dreidimensionalität erzeugen. Dafür ließen sie die (imaginären) Linien in ihren Bildern auf den sogenannten Fluchtpunkt zulaufen. Objekte, die im Bild weiter entfernt wirken sollten, malten sie kleiner. Prominente Bildgegenstände, die im Vordergrund erscheinen sollten, malten sie größer.
Eine weitere bedeutende Entwicklung der Renaissance-Malerei war die "Sfumato"-Technik. Bei diesem Verfahren trugen die Maler partiell eine zusätzliche dünne Lasur aus weißer Farbe auf. Auf diese Weise weichten sie die Konturen der Bildgegenstände etwas auf. Verschiedene Lichteffekte wie Nebel oder grelles Licht konnten damit simuliert werden. Außerdem ließ sich auf diese Weise der Eindruck von räumlicher Tiefe erwecken, da die Unschärfe die Objekte in weiter Ferne erscheinen ließ.
Barocke Kunst: Übergang vom Realismus zur Emotionalität
Auch bei den Techniken und Darstellungsweisen gab es Unterschiede zwischen Renaissance und Barock. Wo die Renaissance-Malerei noch versuchte, der Wirklichkeit besonders nah zu kommen, setzte sich im Barock eine eher emotionale Bildsprache durch. Die gezeigten Szenen waren opulent, schwelgerisch und voller Bewegung und Energie. Sie wirkten stärker inszeniert und neigten zur Dramatisierung und zu Pathos.
Bei der Modellierung der Bildobjekte orientierten sich die Künstlerinnen und Künstler aber weiterhin an der Realität. Mit dem als "Chiaroscuro" bezeichneten Spiel von Hell und Dunkel simulierten sie eine lebendige Räumlichkeit. Durch Lichteinfall und Schattenspiel ließen sich die Proportionen von Körpern und Objekten noch deutlicher definieren. Auf diese Weise wirkten die Bildgegenstände sehr plastisch und waren eindeutig im Raum positioniert.
Zu einem lebhaften Bildeindruck trug auch eine neu entwickelte Maltechnik bei. Mit dem als "Impasto" bezeichneten Farbauftrag konnten die Kunstschaffenden bestimmte Bildbereiche betonen oder hervorheben. Wichtigste Eigenschaft des Impasto war die vollständige Deckkraft der Farbe. Mitunter wurde die Farbe auch pastos, das heißt leicht erhaben, aufgetragen. Auf diese Weise konnten helle Partien oder einfarbige Bildausschnitte akzentuiert werden. Auch dies trug zu einem dreidimensionalen und dynamischen Bildeindruck bei.
Im Rokoko, das sich aus dem Spätbarock entwickelt hatte, fand die sehr emotionale Darstellungsweise seinen Höhepunkt.
Die Rokoko-Malerei war geprägt von verspielten Ornamenten, geschwungenen Linien und leuchtenden Gold- und Pastellfarben. Die Motive waren eher leicht und zeigten zum Beispiel Liebesszenen, schmeichelnde Porträts oder idyllische Landschaften. |
Das Rokoko markierte das Ende der großen Epochen Renaissance und Barock.